In einem Wolfsrudel gibt es eine komplexe Rangfolge, die eine sehr wichtige Rolle für harmonisches Zusammenleben darstellt. Dabei ist zu unterscheiden, dass es einerseits die Rangfolge der Männchen und andererseits die Rangfolge der Weibchen gibt. Man ist sich noch immer nicht sicher, wie viele Ränge es tatsächlich in einem Rudel gibt, weil es manchmal auch Zwischenschritte oder spezielle Ausnahmen geben soll. Da bei dem Großteil der Wolfsrudel jedoch ein relativ klares Rangbild herrscht, einigte man sich auf folgende Ränge:
Das Alpha-Paar besteht aus den beiden ranghöchsten Tieren, dem Alpha-Männchen und dem Alpha-Weibchen. Meist sind sie die Eltern aller oder der meisten Rudelmitglieder, was ihnen den Vorteil verschafft, den Nachwuchs von Anfang an auf ihren Rang geprägt zu haben, sodass weniger Schwierigkeiten entstehen. Lange wurde die Meinung vertreten, dass nur ein Leitwolf das Rudel führt und alle Entscheidung alleine trifft. Neuere Erkenntnisse zeigen allerdings, dass ein souveräner Alphawolf auch anderen Mitgliedern die Führung des Rudels überlassen kann, wenn sein Rang uneingeschränkt respektiert wird. Auch führt das Alpha-Weibchen oft das Rudel, wenn es beispielsweise trächtig ist und nach einem geeigneten Höhlenstandort sucht. Ebenfalls liegt es nahe, dass wichtige Entscheidungen nicht nur von dem Ranghöchsten getroffen werden, sondern auch andere erfahrene Wölfe des Rudels mitbestimmen. Keiner ist ihm also sklavisch untergeben, wie es oft dargestellt wurde, sondern jedes Rudelmitglied hat seinen eigenen Willen und der Charakter des Alphawolfes spielt ebenfalls eine große Rolle dafür, wie er sich verhält. Die hierarichische Rangordnung gilt demnach nur bedingt, da neuere Erkenntnisse auch gezeigt haben, dass sie beim Fressen mancherorts nicht vorhanden sein soll. Eine andere weit verbreitete Meinung ist ebenfalls widerlegt worden: Nur die beiden Alpha-Tiere dürfen sich paaren und Nachwuchs aufziehen. Dies trifft für den Großteil zu, jedoch gibt es Ausnahmen, bei welchen schon zweite oder sogar dritte Würfe in Rudeln beobachtet worden, wenn die Bedingungen es erlaubten, so viele Welpen großzuziehen.
Zu den Alphatieren eines Wolfsrudels ist noch zu sagen, dass sie meist eine intensive Beziehung pflegen und oft ein Leben lang zusammenbleiben. Sie können ihre Stellung bis zu 8 Jahren halten, bevor sie wegen ihres Alters oder nachlassender Stärke von ihrem Rang verdrängt werden.
Die Betawölfe eines Rudels sind dem Alpha-Paar unterlegen, stehen jedoch in der Rangfolge über allen anderen Mitgliedern. Sie sind, unter den Alphatieren, meist die Erfahrensten des Rudels.
Jüngere Wölfe oder ehemalige Alphatiere, die ihren hohen Rang verloren haben, sind als Untergebene Wölfe zu bezeichnen. Sie sind besonders wichtig für das Rudel, da sie bei der Aufzucht und Erziehung des Nachwuchses helfen. Gäbe es sie nicht, würde auch die Anzahl der überlebenden Welpen rapide abnehmen. Zudem sind die Jungwölfe von bedeutender Wichtigkeit für die gesamte Art. Da sie in ihrem Familienverband nur geringe Chancen auf Fortpflanzung haben, verlassen viele das Rudel im Alter von ein bis drei Jahren. Auf der Suche nach einem geeigneten, eigenen Revier und einem Partner wandern die Jungtiere oft weite Strecken von etwa 100 km. Manche Wölfe legen sogar enorme Wege von bis zu 900 km zurück, ehe sie sich in einem Gebiet niederlassen, während andere gleich in Nachbarschaft zu ihrem Ursprungsrudel eine Familie gründen. Es liegt also allein an dem Charakter des Individuums und den zeitbedingten Umständen, welche Strecken zurückgelegt werden. Dieses Abwandern der Jungwölfe trägt zur Erschließung vieler neuer Gebiete bei; die Art breitet sich aus.
Der rangniedrigste Wolf eines Rudels ist oft der Omegawolf. Er gilt als Sündenbock und ist den angestauten Aggressionen der anderen ausgesetzt. An ihm wird jeder Unmut ausgelassen; keiner respektiert ihn, sodass er wie ein Außenseiter behandelt wird. So bedrückend es klingt, sorgt der Omegawolf jedoch für ein harmonischeres Zusammenleben der übrigen Rudelmitglieder, da jeder seine Aggressionen an ihm auslassen kann. Ebenfalls ist er wichtig für die Ausbreitung der Art, da Omegawölfe häufig versuchen, ihrer rangniedrigsten Stellung zu entfliehen und ein eigenes Rudel zu gründen.